Geschichtliche Parallelen Geschichte und Anekdoten von Bremm und Kloster Stuben
Rudi Theisen, 1985 Der Kalkofen von Bremm

Der Kalkofen von Bremm

Er war von 1831 bis 1936 in Betrieb - Der Brennvorgang

Nikolaus Henrichs aus Bremm erbaute im Jahre 1831 oberhalb von Bremm (zwischenzeitlich Tankstelle Barz, heute Rasthaus Bremm) einen Kalkofen. Da in der näheren Umgebung auch noch andere standen, so in Alf, Cochem und in Hatzenport, waren die Winzer, Maler und Anstreicher sowie die Bauunternehmer mit Kalk bestens versorgt.

rechts: Ein
restaurierter
historischer
Kalkofen in
Lenggries.

Anfang der 1860iger Jahre wurde die Bahnlinie Koblenz – Trier gebaut. Die Bahndirektion benötigte für ihr Bauvorhaben große Mengen Kalk, und man sprach über eine eventuelle Belieferung auch bei Nikolaus Henrichs in Bremm vor. Dieser sagte sofort zu, erbaute 100 Meter unterhalb (heutiger ummauerter Garten von Hans Schmitz) einen zweiten etwas größeren Kalkofen und verkaufte den kleinen an Herrn Jackel aus Alf.

Beim Tunnelbau Eller – Neef und für den weiteren Streckenausbau nach Bullay wurden pro Tag bis zu 100 Zentner gebrannter Kalk für Mauerwerk benötigt, die abwechselnd von Jackel und Henrichs geliefert wurden. Jackels Kalkofen in Alf war bei der Belieferung mit einbezogen.

Da die Kapazität der drei kleinen Öfen bei weitem nicht zur Belieferung ausreichte, kaufte Henrichs den kleinen Kalkofen von Jackel wieder an, riß ihn ab und baute innerhalb weniger Monate einen für die damalige Zeit übergroßen Kalkofen mit drei Brennkammern auf. In jeder Kammer konnten 580-600 Zentner Kalksteine gebrannt werden.

Wie ging das Brennen der Kalksteine nun vor sich? Die Brennöfen waren aus besten Schiefer- und Ziegelsteinen erbaut, waren rund und hatten einen Durchmesser von 2,50 Meter bei 3,50 Meter Höhe. Ein Eisenrost, 10 x 10 Zentimeter stark, 1,20 Meter breit und über 2,00 Meter lang, diente als Feuerungsanlage. Darauf wurde ein kunstvolles, freihändig aufgeschichtetes Gewölbe aus Kalksteinen errichtet. Zwischen den Steinen mussten genaue Zwischenräume nach allen Seiten sein, damit später das Feuer auch den letzten Stein erfassen konnte. Geschicklichkeit und gutes handwerkliches Können waren zum Gelingen des Brandes unbedingt erforderlich.

Die Kalksteine kamen mit dem Schiff „Susanne Remich“ aus Luxemburg, das immer 350 Tonnen (7000 Zentner) geladen hatte. Per Bahn von Philippsheim bei Bitburg wurden große Mengen zum Bahnhof Eller und von dort mit schweren Pferdefuhrwagen nach Bremm zum Kalkofen gebracht. Zum Entladen des Schiffes wurden 16 starke Männer gebraucht. Zwei zehn Zentimeter dicke und über 20 Meter lange Holzbohlen, alle fünf Meter unterbaut, waren die Verbindung zum Ufer. Je acht Mann waren eine Gruppe. Zwei Mann hoben die zentnerschweren Kalksteine gemeinsam hoch und legten diese jedem Mann auf seine auf dem Rücken befindliche Steinkieze. Dieser trug nun vom Schiff aus über die schmalen schwankenden Bohlen die steile Uferböschung hoch und dann noch weitere 60 Meter seine schwere Last zum Ofen. In zwei Tagen war das Schiff entleert, jeder Mann bekam dafür zehn Mark. Das waren zwei Pfennig für jeden getragenen Zentner. Der Verdienst war gut, wenn man bedenkt, daß die Weinbergsarbeiter pro Tag weniger als eine Mark verdienten.

Waren nun die einzelnen Öfen mit 580 – 600 Zentner Kalksteinen fertig aufgesetzt, wurde das Feuer entfacht. Zuerst wurde einen halben Tag Schanzenreisig verbrannt, um viel Glut zu bekommen, dann wurden mit Buchenklafterholz drei Tage rund um die Uhr die Öfen bei 1000 Grad Hitze gehalten.

Je Brand und Ofen brauchte man acht Raummeter Buchenholz. Ganze Familien machten für Henrichs Schanzenreisig, er bezahlte dafür fünf Mark je 100 Schanzen.

Für das benötigte Buchenscheitholz war eine Kolonne Holzarbeiter tätig. Nach drei Tagen war der Brand beendet, zwei Tage später wurden die gebrannten Kalksteine aus dem Ofen geholt. Durch die enorme Hitze hatten diese stark fettigen Kalksteine die Hälfte an Gewicht verloren.

Die Maler und Anstreicher nahmen sich zuerst die schönsten und besten Steine weg, sie zahlten pro Zentner zwei Mark. Winzer zum Ansetzen der Spritzbrühe und die Bauunternehmer zum Hausbau und festen Mauerwerk zahlen 1,80 Mark. Die weniger gut bebrannten Steine und der Abfall kamen für 50 Pfennige per Zentner als Düngekalk in die Weinberge. Ein großer Nachteil war, daß die gebrannten Kalksteine vor ihrer Verwendung tagelang in starken mit Wasser gefüllten Eisentrögen eingelegt wurden. Die Auflösungszeit betrug drei Tage, erst dann konnte der Kalk verwendet werden.

Mit dem auf den Markt drängenden fettlosen und schön verpackten Marmorkalk aus den Kalksteinbrüchen bei Diez an der Lahn ging es mit den Kalköfen im hiesigen Moselraum zu Ende. Der Bremmer Kalkofen, über ein Jahrhundert für viele eine kleine Verdienstmöglichkeit, machte, weil er total unrentabel wurde, den letzten Brand im September 1936.


Die Texte wurden vom Originaldokument (mit evtl. Fehlern) übernommen, ohne Anpassung an die aktuelle deutsche Rechtschreibung. Quelle: Beilage der Rhein-Zeitung für Schule und Elternhaus,
April 1985, Rudi Theisen
2. Abbildung aus dem Alten Fotoalbum von Bremm.
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