HISTORIA BREMVM - Die Geschichte(n) der Ortsgemeinde Bremm an der Mosel
Kriegserinnerungen und -erlebnisse
    von Toni Ostermann
Eine Dampflok vom Typ 58 2175 fährt unter Volldampf mit Kohlenwaggons über die Ellerer Eisenbahnbrücke
um 1932, Quelle: Sonderausgabe Eisenbahn-Journal II/ 91
Weitere historische Fotos finden Sie im
Alten Fotoalbum von Bremm an der Mosel
Das Kriegsgeschehen erreichte 1943 / 44 auch unser Heimatgebiet. Häufige Luftangriffe und Bombenabwürfe auf die Bahnstrecke Koblenz - Trier, die Brücken in Eller und Bullay sowie die beiden Tunnels waren die Angriffsziele. Die Stadt Cochem hatte schwere Zerstörungen und auch eine größere Zahl Tote zu beklagen - ebenso Klotten.

Hier bei uns sind einige Bomben vor Bremm in die Mosel gefallen, andere in die Nähe der Klosterruine. In Stuben wurde der ganze Wald in Richtung Brücke zerstört. Die Weinberge bei Neef hatten ebenfalls zahlreiche Treffer abbekommen.

Die Bremmer Bevölkerung war sehr verängstigt. Zahlreiche Wein- und Gewölbekeller wurden als Luftschutzbunker benutzt, mit Baumstämmen verstärkt und es wurden Notausgänge angelegt. Oberhalb des Dorfes im Berghang „Feiselburg“ waren 2 Bunker eingegraben worden, damit die Ortsbewohner, wenn auch nicht alle, so aber doch teilweise, Schutz darin finden konnten. Im Kandelbachtal (Fußweg „Kaddert“) waren ca. 12 - 15 kleinere Erdhöhlen-Bunker in den Berg gebuddelt worden. Häufig flüchtete man morgens um ca. 9 – 10 Uhr dorthin, weil oft um die Mittagszeit die ersten Luftangriffe erfolgten. Manche Familien aus dem „unnere Stood“ nächtigten dort sogar und blieben oftmals auch eine ganze Woche.

Bei nächtlichem Alarm eilten wir in unserem Hause mit der ganzen Familie und auch den Nachbarn in unseren dicken Gewölbekeller (Weingut Schmitz Erben – heute Hotel Berg). An einem Sonntag-Nachmittag erreichten einige Nachbarn und Spaziergänger von der Straße nur mit knapper Not die Kellertreppe und wurden vom Luftdruck der Bomben regelrecht in den Keller geschleudert.

Eine Bombe traf am 27.12.1944 die Rückseite unserer Kirche und beschädigte sie schwer. Im Sommer fielen 2 andere Bomben weiter oberhalb in die Weinberge. Ansonsten wurde unser Dorf vor größeren Zerstörungen bewahrt und kam im Großen und Ganzen mit dem Schrecken davon, außer zahlreichen zerplatzten Fensterscheiben und Rissen an Zimmerwänden und Decken. Zu beklagen ist allerdings eine große Anzahl von gefallenen und vermissten Soldaten, was natürlich innerhalb unseres Dorfes ein großer Verlust war. Fast jede Familie war durch eigenen Mann, Vater, Sohn, Bruder oder Verwandtschaft betroffen.

Und noch 2 Episoden am Rande:
Meine Frau (Christa Treis, geb. 1941) wohnte damals im „unnere Stood“, Haus-Nr. 1. Sie war morgens bereits mit ihrer Tante Christel oben über`m Dorf ins Bunkerchen geflüchtet. Ihre Oma war zu Hause mit Kuchenbacken beschäftigt. Beim Alarm flüchtete sie in den Keller und vergaß,ihren Kuchenteig abzudecken. Durch den Bombeneinschlag an der Kirche zerbarst das Küchenfenster und Scherben bedeckten den Kuchenteig. Damit war der Kuchen hinüber –Neujahrs-Kränzchen – Glücksbringer!

In der damaligen Kuhgasse (heute Calmontstraße) wohnte die Familie Bremm. Bei Bombenalarm suchte sie Schutz im Gewölbekeller gegenüber bei meinem Onkel Johann Ostermann. Die alte Bremms-Tant musste natürlich auch immer – so beschwerlich es auch war – mitgenommen werden. Wie oben bereits berichtet, waren die Bombenangriffe in der Regel morgens. Als meine Cousine Inge Ostermann einmal abends nochmals in den Keller musste, um etwas kühl zu stellen, kam eine weinerliche Stimme aus einer Ecke des Kellers: „Habt ihr mich ganz vergessen?“ Es war die alte Bremms Tant.

Im Dorf war Verdunkelungspflicht wegen der nächtlichen Flugzeugangriffe, Feuergefahr, Brandbomben. Es wurde eine Feuerwache organisiert, 2 Männer wachten nachts in der Weinbergshütte (Josef Berg) im Kirchberg.

Beim Kartoffelanbau auf dem Berg, z.B. 1944 / 45 kam es häufig zu Wildschäden durch Wildschweine. Deshalb wurde eine Schweinewache von zwei bis drei Männern aufgestellt – die mussten nachts über die Felder streifen und evtl. Wildschweine verjagen.

Wegen der großen Anzahl der Wildschweine und auch wegen der notdürftigen Ernährung wurden auch viele Wildschweine gefangen. Selbsthilfe, sogenanntes „Schleppe-Stellen“, war weit verbreitet, Stahlseilschlingen zwischen 2 Bäumen. Nachts wurden die zerlegten Schweine im Rucksack nach Hause gebracht oder im Ganzen auf Hinterwegen eingeschleppt.

  Nach 1945 in der französische Besatzungszeit waren auch die Franzosen Selbstversorger. Sie durften zur Jagd, aber trotzdem gingen manche Leute „Schlepp“ stellen.

Der Bürgermeister, Peter Steffens, musste die Versorgung der französischen Besatzer mit unterstützen: Einsammeln von Kartoffeln, Fleisch bei Hausschlachtungen beschlagnahmen, usw. Deshalb wurde „schwarz“ geschlachtet in Scheunen und Kellern durch Totschlagen der Tiere, mit Stromstößen und dergleichen.

Eine Delikatesse für Franzosen sind weiße Weinbergsschnecken. Die von einigen Bremmern gesammelten Schnecken wurden beim „Stooder Peter“, so wurde damals der Bürgermeister genannt, abgeliefert. Dieser stellte sie über Nacht in den Keller in einen zugedeckten Eimer. Doch die Schnecken befreiten sich „mit geballter Macht“ und krabbelten am nächsten Morgen im ganzen Keller herum – und Peter musste sie wieder einsammeln.

„Schwarz-Schnaps-Brennen“ war auch erforderlich – denn Schnaps war eine begehrte „Handels- und Tauschware“.

Kurz vor Kriegsende wurde die Ellerer Brücke gesprengt.

Beim Einzug der Amerikaner am 23. März 1945 kam Frau Barzen im Kehr durch einen tragischen Schuss – Querschläger ums Leben.

Im Keller beim Weingut Amlinger hatten sich einige deutsche Soldaten versteckt und wollten noch kämpfen. Schuster Nikola sagte zu ihnen „Jungs geht nach Hause, der Krieg ist bald vorbei“. Er wurde noch einige Stunden am „Lindenbaum“ angebunden und sollte wegen „Sabotage“ erschossen werden. Doch nach einigen Verhandlungen wurde er wieder freigelassen.

Nach Durchzug der Amerikaner, der ohne ohne Kampfhandlungen verlief, wurden jedoch alle restlichen Bremmer Männer zwischen 12 und 70 Jahren in der alten Schule 3 Tage eingesperrt und aus Sicherheitsgründen auf Waffen untersucht.

Hier im Eifel – Mosel – Hunsrück – Rhein – Gebiet rückten bekanntlich die Amerikaner ein – teilweise unter schweren Verlusten, besonders im Eifel-Ardennen-Aachen-Gebiet.

Doch einige Wochen später wurde das Gebiet von den Franzosen übernommen und wurde zur französischen Besatzungszone (bis ….. )

In Cochem war die sogenannte französische Kommandantur (Verwaltung) gebildet. Von hier aus wurde unser Bereich zunächst verwaltet und auch die Ortsbürgermeister eingesetzt????

Das alltägliche Leben kam nur sehr langsam wieder in Gang. Hungersnot und schlechte wirtschaftliche Zeiten. (siehe Beitrag Hamsterzeit)

Zwecks Wiederaufbau der Ellerer Brücke und des Neefer Tunnels (ebenso Bullayer Brücke) wurden von 1945 - 1947 viele Männer aus dem hiesigen Bereich aber auch aus anderen Gebieten arbeitsverpflichtet.

Häufig gab es um die Mittags-/Nachmittagszeit Fliegeralarm, dann kamen die Flugzeuge von England her und machten Bombenabwürfe auf die Ellerer Brücke / Neefer Tunnel oder auch Cochem.

Die Bewohner hier an der Moselstraße hatten besondere Angst, denn hier waren schon einige Bomben in die Mosel und am Stubener Eck gefallen.

Im Hause von Kättebas Sofie (Franzen Erna) in der „Kehgas“ war ein besonders starker Gewölbekeller. Und so kamen einige Bewohner aus dem Stood (Hennerichs Gretche und Aloysia, Kelsche Marrische, Dores Irene und ihre Mutter) morgens dort hin. Sie hatten sicherheitshalber Mittagessen (Ermittscha) mitgebracht und Strickzeug - saßen dann im „Kämmerschen“ und warteten bis Fliegeralarm kam, dann ab in den Keller, eng zusammen gedrängt und in Gebeten harrte man aus. Abends ging man nach Hause und kam am nächsten Tag wieder.

Literaturquelle(n)
     
     
 
Bildquelle(n)
Rainer Pellenz   Das Alte Fotoalbum von Bremm
     
     
 
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Dieser Beitrag wurde verfasst von Toni Ostermann, Bremm   Korrekturdatum:
Eventuelle Korrekturhinweise bitte an toni.ostermann@bremm-mosel.de   08.07.2009 RP
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