Der
Kirchenbau Die Stiftungsurkunde
der pfalzgräflichen Tochter und Polen-Königin
Richeza für die Abteikirche Brauweiler, Grablege
der Ezzonen, nennt 1051 den Ortsnamen Brembe
(Bremm).
Bild links:
Die St. Laurentius- Kirche vor dem Calmont, dem
steilsten Weinberg Europas.
In einer Stiftungsurkunde der pfalzgräflichen
Adelsfamilie Poppo an das Stift St. Simeon in
Trier aus dem Jahre 1097 wird eine Kirche
in Brimba" (Brempt / Bremm) zusammen mit
Kirchen der Urpfarrei Eller erstmals erwähnt. Es
muss sich um eine der einfachen Landkirchen aus
dem 10. Jahrhundert gehandelt haben, wie sie uns
im Grundriss noch in der alten Kirche von St.
Aldegund begegnet. Auf eine ottonische Gründung
der Filialkirche Bremm weist auch das Laurentius-Patrozinium
hin. Kaiser Otto hatte nämlich mit Hilfe des
rheinisch-moselländischen Pfalzgrafen Heinrich
Pusillus am Laurentiustag 955 die
Ungarn auf dem Lechfeld bei Augsburg entscheidend
geschlagen.
Bei der Neuorganisation des Pfarrwesens um
1200 erhielt diese Kirche einen viergeschossigen
Westturm mit heute vermauerten Doppelarkaden im
1. und 2. und dreifach gekoppelten Klangarkaden
allseitig im 3. und 4. Geschoss. Drei
Bindersteine gehören zu den ganz frühen
Beispielen einfacher romanischer Bauplastik an
Landkirchen des Rheinlandes, wovon die unterste
als messianischer Esel ein Motiv
christlicher Demut ist. Nach einem Brand im Jahre
1839 erhielt der Turm nach Plänen des
Regierungsbaumeisters Ferdinand Nebel ein
fünftes Geschoss gemäß der bisherigen
Gestalt.
Im 15. Jahrhundert waren diese einfachen
Kirchen der Romanik den größer und reicher
werdenden Pfarreien an der Mosel zu klein
geworden. Zwei Handwerkergruppen begabter
Steinmetzen bauten damals im Moselgebiet: Eine
hatte sich beim Bau der Wallfahrtskirche in
Eberhards-Klausen gebildet und wurde seit etwa
1470 von Peter von Wittlich geführt; sie baute
in unserem Raum nachweislich die Kirchen in
Driesch und Ellenz. Eine zweite Gruppe entstand
aus der Werkstatt Hermann Sanders, der u. a.
Koblenz-Liebfrauen spätgotisch umformte und
erweiterte, und ist erstmals in unserem Raum
zeitgleich bei der Schwanenkirche bei Roes und in
Treis, St. Katharina, um 1470 nachweisbar.
|
Diese
Gruppe wurde von den Herren von Pyrmont, die auch
in Bremm einen Teil des Zehnts einnahmen,
gefördert. Aus Stiftungsurkunden wissen wir,
dass in Bremm wohl unter der Bauleitung eines
Nicolaus von Eller zwischen 1475 und 1495 eine
neue Kirche als Einstützenhalle nach dem Vorbild
der Hospitalkapelle des Nicolaus-Stifts in Cues
entstand. Dazu wurde das alte Kirchenschiff, in
dem sich neben dem Laurentius-Hochaltar noch ein
Liebfrauen- und Jakobusaltar befand, abgerissen.
Die Steinmetzarbeiten sind stilistisch dem
gleichen Handwerkerkreis zuzuordnen, der auch in
der Katharinenkirche von Treis gearbeitet hat;
das gilt für die Gestaltung des Sterngewölbes
wie für die derb wirkenden Konsolfiguren und
Schlusssteine des Gewölbes. Der später
geschaffenen Emporenbrüstung diente als Vorbild
die nach 1506 entstandene Turmgalerie von Ediger. Bild
links:
Pieta (um 1500, moselländisch), vor einigen
Jahren gestohlen
Nachdem man zwischen 1860 und 1862 eine
gründliche Renovierung durchgeführt hatte, war
der spätgotische Bau den Bremmern doch zu klein
geworden. Daher schritt man 1894 / 95 zu einem
Erweiterungsbau, der das Schiff in der Größe
verdoppeln sollte. Anders als in Ellenz, wo man
gleichzeitig unter dem Architekten Wilhelm Hector
(Saarbrücken) eine ähnliche Erweiterung plante
und schließlich eine in der Raumgröße
verdoppelte Kopie der alten Kirche
neu errichtete, trugen die Bremmer unter der
Planung durch den Müdener Architekten und
Kreisbauaufseher Johann Moritz und ausgeführt
von dem Baumeister F. J. Clemens aus Ediger den
Chor der alten Kirche ab und sicherten das
Hauwerk des Gewölbes und der Fenster. An das
alte Schiff wurde in genauer Anpassung ein gleich
großer Teil angebaut, dessen Steinmetzarbeiten
man den alten Teilen genau anpaßte und ein neuer
Chorraum unter Verwendung der alten
Steinmetzarbeiten errichtet. Die
zeitgenössischen Urteile über diesen
Erweiterungsbau sind sehr positiv ausgefallen.
|
Die
Ausstattung Die spätgotische Kirche war
wie üblich reich ausgemalt. Die erhaltenen Teile
der Ausmalung des 15. Jahrhunderts hat kurz vor
dem Umbau der Architekt von Fisenne dokumentiert:
Bild links:
Blick durch die Hallenkirche zum Chor.
Über dem Südportal fand sich noch eine
Wandmalerei des Martyriums des heiligen
Laurentius mit in Rötel vorgezeichneten Umrissen
(Sinope) und Kleidungsstücken in gelb, grün und
rot gut komponiert und voll Leben und
Bewegung. Es mögen die gleichen Maler
gewesen sein, die nach Vorbildern Schongauers
auch die Rochuskapelle in Eller ausgemalt haben.
Im 1. Drittel des 17. Jahrhunderts wurde die
Kirche mit drei Steinaltären in der Nachfolge
der Hoffmann-Schule ausgeschmückt: Ein
Marienaltar aus belgischem Savonette-Stein, der
1895 nach Schloss Calbeck bei Goch, und ein
Sebastianusaltar aus Tuff, datiert 1631, der ins
Rheinische Landesmuseum nach Bonn gelangte.
Zurückerobert aus dem ehemaligen Sammlung Liebig
wurde 1969 der Hauptaltar (nach 1630), in dem
Mittelbild das Abendmahl, im Aufbau die Marter
des heiligen Laurentius, in der Predella drei
Passionsszenen; als Bekrönung Maria mit dem
Kind, begleitet von knieenden Engeln, St.
Laurentius und St. Stephanus und zwei nicht
näher zu bezeichnende Heilige auf den Konsolen
in lebhafter Bewegung. Das recht großformatige
Werk wurde von dem an der unteren Mosel
ansässigen Bildhauer Johannes Gros geschaffen,
über den wir außer einigen erhaltenen Arbeiten
weiter nichts näheres wissen.. Arbeiten von ihm
kennen wir aus Pommern, Gondorf, Gappenach und
der Neefer Peterskapelle. Entsprechend den
Vorstellungen der doktrinären Neugotik der
Jahrhundertwende war das erweiterte Gotteshaus
ganz im Stil der Neugotik ausgestattet worden.
Deshalb wurden die Altäre des 17. Jahrhunderts
verkauft bzw. wurde der Hauptaltar mit der
Bausumme des Baumeisters Clemens verrechnet, der
den Altar später an die Sammlung Liebig
verkaufte.
|
Die drei
neugotischen Ädikula-Altäre wurden von der für
diese Arbeiten bekannten Firma Port aus
Münstermaifeld geliefert. In den Nischen standen
bis auf eine damals beliebte Herz-Jesu-Statue des
rechten Seitenaltars die gleichen Heiligenfiguren
wie in den Nischen und auf den Gesimsen der alten
Altäre.
Bild rechts:
Laurentius-Hauptaltar von Johannes Gros
(1. Halbjahr 17. Jahrhundert)
Während die Purifizierungen der 50er bis 70er
Jahre, als man die Neugotik als
unzeitgemäße Schreinergotik
verunglimpfte, wurden sowohl die neugotischen
Altäre als auch die neugotischen Farbfassungen
aus den Augen der konziliär
ernüchterten Gläubigen verbannt.
Inzwischen haben die Kirchengemeinden gelernt,
dass eine (neu-)gotische Kirche wie zur Zeit
ihrer Entstehung als einheitliches
Gesamtkunstwerk zu sehen ist. Die
Freilegung und Restaurierung der Farbfassung von
1896 war daher ein richtiger und konsequenter
Schritt, die das gläubige Gefühl
ansprechende Feierlichkeit des sakralen
Raumes wieder herzustellen. So ergänzt und
erhöht die von dem Kirchenmaler Ernst Heinzen
geschaffene und dem Restaurator Ferdinand Lawen
(Briedel) wiederhergestellte Farbfassung wie vor
100 Jahren die eindrucksvolle Architektur des
Kirchenraumes mit ihren schönen Konsolfiguren
und Schlusssteinen, die zum Schluss erläutert
werden sollen.
|
Das
Sterngewölbe Das reiche Steingewölbe
steigt mit jeweils 12 Rippen (=12 Apostel)
ansatzlos aus den drei Rundsäulen auf runder
hoher Basis auf. Die Rippen liegen an den Wänden
auf je drei gleichen Engelbrustbildern mit
Schriftbändern ohne Schrift auf. Wie oft bei
spätgotischen Kirchen stellen die Schlusssteine
ein Bildprogramm dar, das besondere Beziehung zu
den Bauleuten, den Stiftern und den vor Ort
besonders verehrten Heiligen darstellt.
Bild rechts:
St. Elegius, Märtyrer, Patron der Schmiede
Durch die Erweiterung um zwei Achsen vermehrte
sich die Zahl der Schlusssteine rechnerisch um
das Doppelte. Da man aber Schlusssteine aus dem
abgebrochenen Chorraum beim Wiederaufbau des
Schiffes mitverwendete, ist die Zahl neuer
figürlicher Schlusssteine gering.
Beginnen wir bei der Betrachtung mit dem
Gewölbe über der Empore: Als zentrale
Schlusssteine haben wir ein dornengekröntes
Haupt Christi (1), St. Antonius Abbas (2) und
eine Kreuzigung (3). In Knotenpunten die Wappen
von drei am Bau beteiligten Bauleuten: Nicolaus
Eller mit Zimmermannsbeil, ein Wappen mit
Fußangel, Zeichen eines nicht bekannten
Steinmetzen und ein Wappen mit Andreaskreuz, in
der Gabelung ein Blattkreuz, wohl auch Zeichen
eines Handwerkers (4-6). Die übrigen
Knotenpunkte sind besetzt mit vier willkürlich
bemalten Schilden und fünf unterschiedlichen
Rosetten.
Das Querschiff am Portal ist geschmückt mit
einem Lilienkreuz (7), einem Wappen mit dem
Erbauungsjahr A.D. 1895 (8), St. Barbara (9) und
St. Katharina (10) alle neugotisch
in einem Knotenpunkt des Nordschiffes das Wappen
der Haust v. Ulmen, die Stifter der Kirche waren
und ihre Töchter nach Stuben zu schicken
pflegten. Das Lilienkreuz soll wohl an die große
Kreuzpartikel in der Staurothek
von Stuben erinnern (neugotisch). Weiterhin
sind Knotenpunkte mit sieben Rosetten und einem
Weinblatt besetzt. In der Mitte ein Deckelpokal
(11) (neugotisch). Im folgenden Querschiff, das
schon zur Erweiterung von 1895 gehört, haben wir
im Gurtbogen als Schlusssteine den heiligen
Nikolaus und den heiligen Petrus (12 und 13).
Zentrale Schlusssteine stellen den heiligen
Sebastian (14) und den heiligen Wendelin (15) als
Jakobs-Pilger dar; dazwischen ein Turm (16).
Deckelpokal und Turm können als Symbol Mariens
aus der lauretanischen Litanei verstanden werden.
In den Knotenpunkten haben wir die Wiederholung
der Handwerkerwappen von der Empore und des
Stifterwappens der Haust von Ulmen, dazu kommt
das Wappen der Edigerer Bäckerzunft (17), zu der
auch die Bremmer Bäcker gehörten und ein
Stifterwappen (gemalt) (18) mit einem
Schifferknoten und den Initialen LH und AO.
|
Weiterhin
sehen wir erneut sieben Rosetten und vier
willkürlich bemalte Wappen. Im Querschiff vor
dem Triumphbogen sehen wir im Gurtbogen St.
Laurentius und St. Eligius, den Schutzpatron der
Schmiede (19 und 20), in den zentralen
Schlusssteinen einen wappenhaltenden Engel (21),
heute willkürlich bemalt, sicherlich
ursprünglich mit dem Wappen Johanns von Baden,
der zur Zeit der Erbauuung Kurfürst und
Erzbischof von Trier war und eine Maria mit Kind
(22). Beim Neubau des Chorraumes als exakte
Kopie des alten Chores wurden alle Konsolfiguren
wiederverwandt. In der figürlichen Auffassung
und der handwerklichen Durchführung entsprechen
sie genau den Konsolfiguren der Katharinenkirche
von Treis. Gleiches gilt für die Maße des
Chorraumes, sodass man davon ausgehen kann, dass
der Chorraum in Bremm nach dem gleichen
(Pyrmonter) Plan von denselben Handwerkern
durchgeführt wurde. Das wird frühestens um 1475
gewesen sein. In den Zwickeln zum Triumphbogen
sind die beiden Trierer
Hauptheiligen, St. Petrus, Schutzpatron der
Domkirche und St. Matthias, dessen Gebeine in der
nach ihm benannten Abtei (früher St. Eucharius)
begraben liegen, als Konsolfiguren in
Brustbildern dargestellt. Es folgen rechts und
links zwei Propheten in kräftigen, bärtigen
Gesichtszügen, die von Bändern umflattert sind.
Auf dem linken Schriftband steht: Vocabitur
nomen eius Emmanuel (Sein Name wird
Emmanuel sein), eine Prophezeihung des Isaias,
auf dem rechten: Ecce virgo concipiet
(Siehe die Jungfrau wird empfangen).
Als weitere Konsolen sind vier
Engelbrustbilder verwendet, die auf Schilden die
acht Leidenswerkzeuge zeigen: (von links)
Geißel, Rute und Geißelsäule, Dornenkrone;
Kreuz und Nägel, Hysopschwamm und Lanze. Als
Schlusssteine im Gewölbe sehen wir lediglich
einen Stern im Vorjoch und eine segnende Hand
Gottes.
Ursprünglich lag auf der dorfseitige
Südseite im Winkel zwischen Schiff und Chor
(heute Eingangsbereich) eine 1507 urkundlich
erwähnte Marienkapelle, die später als
Sakristei genutzt wurde. In dieser Kapelle war
mit Erlaubnis Jakob von Baden laut der Urkunde
von 1507 der Taufstein eingestellt worden. Dies
kann als Hinweis verstanden werden, dass die
Bremmer Kirche spätestens seit 1507 eine
eigenständige Pfarrkirche war, obwohl sie in den
Registern erstmals 1552 als Pfarrkirche
auftaucht. Der kleine spätgotische Taufstein ist
ohne Deckel erhalten.
Bild oben:
Empore und Sterngewölbe um 1500
|