Von diesem
Tunnel haben wohl die meisten Deutschen
schon einmal gehört, ist er doch in
jedem besseren Lexikon gleich nach
Gotthard und Simplontunnel aufgeführt.
Dieser Bekanntheitsgrad ist darauf
zurückzuführen, dass er von 1877 bis
1987 der längste Tunnel in Deutschland
überhaupt war. Des öfteren liest man
auch noch die Bezeichnung Cochemer
Tunnel, der offizielle Name ist und
bleibt aber Kaiser-Wilhelm-Tunnel
(übrigens ist Kaiser Wilhelm I.
gemeint). Der zweite Name sagt auch
schon das Wesentliche über die Lage,
nämlich bei Cochem im Moseltal. Das
Nordportal liegt direkt in der Stadt
Cochem, das Südportal 4205 Meter weiter
kurz vor dem Bahnhof Ediger-Eller. Die
Tunneltrasse verläuft schnurgerade in
Nord-Süd-Richtung durch den Cochemer
Krampen, so nennt sich der Berg über dem
Tunnel.
Durch diesen Tunnel wird eine
weitausholende Moselschleife
abgeschnitten und erspart der
Moseltalbahn Trier - Koblenz (KBS 690) so
einen gewaltigen Umweg.
Der Vortrieb erfolgte von den beiden
Portalen und drei Hilfsschächten (zwei
im Stadtgebiet von Cochem, einer im
südlichen Tunnelbereich) nach der alten
österreichischen Tunnelbauweise mit
Sohl- und Firststollen. Der 50m˛ große
Ausbruchsquerschnitt zeigt das typische
zweigleisige Hufeisenprofil.
Der Tunnel steigt von Cochem nach
Eller um 14 m an, deshalb kann man auch
nicht von einem zum anderen Ende
hindurchsehen. Vom Nordportal aus
verlaufen zunächst 2570 m mit 0,5 %
Steigung, es folgen 1300 m in der Ebene
und 335 m mit 0,3 % Steigung.
Im Abstand von 15 - 20 m sind in den
Seitenwänden Schutznischen für
Arbeiter, die sogenannten
Ausweichbuchten, angelegt; an der
Ostseite 210 Stück, an der Westseite 203
Stück. Zusätzlich gibt es auf der
Westseite in regelmäßigen Abständen
neun kleine Abstellräume (Grundfläche 3
m x 3 m), die durch Türen von der
Hauptröhre getrennt sind. Hier sind
Werkzeuge, Telefon und
Beleuchtungseinrichtungen untergebracht.
Ansonsten befinden sich noch einige
bahntechnische Einrichtungen im Tunnel,
nämlich 5 Spannvorrichtungen für die
Oberleitung, die Einfahrvorsignale von
Cochem und Eller und das Einfahrsignal
des Bahnhof Ediger-Eller mit beleuchteten
Vorsignalbaken, 3 Zugbahnfunkantennen an
den Portalen und in Tunnelmitte,
Fluchtwegschilder mit Entfernungsangabe
zum nächsten Portal und eine
Orientierungsbeleuchtung, bestehend aus
Leuchtstoffröhren, die in regelmäßigen
Abständen an der Seitenwand angebracht
sind.
Für die Brandbekämpfung ist in
Cochem ein Kesselwagen zur
Wasserversorgung stationiert, die
örtliche Feuerwehr ist speziell
ausgebildet.
Bisher hat es glücklicherweise nur
leichte Zwischenfälle gegeben, so im
Jahre 1948 eine Kohlenstaubexplosion auf
einer Dampflok während der
Tunneldurchfahrt.
Besonders eindrucksvoll sind die
Portale gestaltet, auffallend hierbei der
Adler in der Mitte.
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Etwa
unterhalb dieser Fotoposition
wird die neue Tunnelröhre
beginnen. |
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Diese
ehemaligen Bahnbetriebsgebäude
sind dem Bauvorhaben bereits zum
Opfer gefallen.
(Aufnahme vom Oktober 2008) |
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Das
Ellerbachtal bietet diesem
großen Bauvorhaben nicht
allzuviel Platz. |
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Das
Nordportal in Cochem
(Endertstraße) |
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Eine
der ersten
"Baumaßnahmen" war
Mitte 2008 die Aufstellung der
beiden Verkehrsampeln, die bisher
noch nicht viel Verkehr zu regeln
hatten. |
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Das
Tunnelvorgelände wird
präpariert. |
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Eine weitere
Besonderheit des Kaiser-Wilhelm-Tunnels
sind die verschiedenen
Belüftungssysteme, mit denen man im
Laufe der Zeit versuchte, die Bildung
eines "Rauchpfropfens" während
des Dampflokbetriebes zu vermeiden. Bereits
im Jahre 1900 wurde wegen des gestiegenen
Verkehrsaufkommens eine Studie über die
Lösung des Problems erstellt. Das
Ergebnis war, dass vier Jahre später
eine Belüftungsanlage der Bauart
Saccardo am Portal Cochem in Betrieb
genommen wurde. Mit großen Ventilatoren,
die in einem Maschinenhaus neben der
Tunneleinfahrt untergebracht waren, wurde
Frischluft in die Tunnelröhre
eingeblasen. Da die Anlage aber gegen die
natürliche Luftströmung, die den Tunnel
von Nord nach Süd durchzieht,
gegenanarbeiten musste, erwies sie sich
bald als zu schwach. Deshalb teufte man
1913 einen 230 Meter tiefen
Entlüftungsschacht mit 4 m Durchmesser
ab. Er befindet sich 1125 m vom
Südportal. 1917 wurde zusätzlich am
Schachtkopf eine Absauganlage
eingerichtet, die die Saccardo-Anlage
unterstützte.
1937 wurde die Saccardo-Anlage
schließlich durch 10 Ventilatoren der
Bauart Siemens-Bentz am Cochemer Portal
ersetzt. Dazu wurde hinter dem alten
Portal ein zweites Betonportal errichtet,
das die Ventilatoren aufnahm. Zwischen
diesen beiden Portalen verbleibt eine
Lücke, durch die die Frischluft
hereinströmt. Das alte Portal dient
daher nur noch zur Zierde, es steht frei
ohne Verbindung zur Tunnelröhre.
Eine endgültige Lösung brachte erst
die Elektrifizierung der Strecke. 1972
begannen die Arbeiten, am 19.11.1973
konnte der eingleisige elektrische
Betrieb aufgenommen werden, ab dem
10.9.1974 auch auf dem zweiten Gleis.
Damit verbunden war eine gründliche
Sanierung des Tunnels. Neben dem neuen,
um 60 cm abgesenkten Oberbau, wurde das
Gewölbe mit Spritzbeton neu verkleidet.
Heute sind nur noch 8 Ventilatoren am
Cochemer Portal betriebsbereit. Der
Entlüftungsschacht wurde verschlossen
und alle oberirdischen
Gebäude auf dem Berg restlos
entfernt. Nur noch einige verrostete
Zaunpfähle und die Lichtung im Wald
erinnern daran, das hier mal
"etwas" gewesen sein muß. Das
alte Betriebsgebäude am Nordportal von
1904 wird als Eiscafé genutzt.
Dieses ist der heutige Stand. Mit
Fertigstellung der neuen Tunnelröhre
werden in der alten sämtliche Anlage
entfernt und durch neue ersetzt.
Text: Sönke Roggenkamp (mit
Aktualisierungen von Rainer Pellenz) -
Fotos: Rainer Pellenz
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